Guter und schlechter Ärger

9 Aug 2014 Bangalore, India

Gurudev, Ärger ist sowohl Waffe als auch Schwäche. Oft braust der Ärger heftig auf und gleicht einer feurigen Waffe. Wie kann man in solchen Momenten verhindern, dass er zur eigenen Schwäche wird?

Gurudev Sri Sri Ravi Shankar:

Weiß du, warum du dich ärgerst? Empfindungen von Ärger sind die Folge einer bestimmten Art von Schwäche. Wenn du etwas tun möchtest aber unfähig dazu bist, dann löst diese Unfähigkeit Ärger in dir aus.
Wenn du fähig und stark bist, musst du dich nicht ärgern. Du ärgerst dich niemals über eine Ameise oder über eine Fliege. Du ärgerst dich nie über Personen oder Dinge, die dir nicht ebenbürtig sind. Du ärgerst dich über jemanden, der größer und mächtiger ist als du selbst. Du ärgerst dich, wenn du etwas entdeckst, was deine Fähigkeiten oder dein Können übersteigt. Du ärgerst dich, wenn jemand das, was du sagst, nicht befolgt. Ärger taucht dann auf, wenn wir denken, unsere Worte hätten eine viel größere Bedeutung als wir selbst. Ärger verursacht Schmerzen, wenn er hochkommt.

Manchmal ist es auch notwendig, etwas Ärger auszudrücken. In diesem Fall wird der Ärger wie eine Waffe verwendet. Du wirst zwar ärgerlich, bleibst im Inneren jedoch ruhig und unerschüttert. Wenn du Ärger auf diese Weise ausdrückst, wird dein Blutdruck nicht hochschnellen, und du wirst nicht zittern und dich erhitzen.
Schau, eine Mutter schimpft immer wieder aus irgendwelchen Gründen mit ihrem Kind, lächelt ihrem Ehemann aber gleichzeitig zu. Der Ärger beunruhigt sie nicht, und sie bekommt keine Kopfschmerzen davon. Er stört auch ihren Schlaf nicht. Es ist in Ordnung, Ärger auf diese Weise zu leben.
Warum müssen wir manchmal Ärger ausdrücken? Weil Menschen manchmal Dinge nicht verstehen, wenn sie nur mit Worten ausgedrückt werden, auch dann nicht, wenn du etwas zehn  Male erklärst. Also musst du beim elften Mal etwas Ärger zeigen, um ernst genommen zu werden.
Es ist in Ordnung, ärgerlich zu werden, wenn es dem Wohlergehen einer anderen Person und nicht deinen eigenen egoistischen Motiven dient. Letzteres würde nur dir selbst schaden. Wirst du ärgerlich, wenn dich jemand beschimpft, so schadet das niemandem außer dir selbst. Ärger, der jemanden daran hindern soll, bewusst einen Fehler zu begehen, ist tatsächlich hilfreich.
Ärger, dessen Ursprung "ich, mich oder mein" ist, bringt Schmerz und Frustration. Ärger jedoch, der auftaucht, wenn jemand eine Dummheit begehen will, ist nützlich, denn er kann das Verhalten der Person korrigieren.

Ärger kann mit vollem Gewahrsein ausgedrückt werden, aber auch ohne jedes Gewahrsein und in voller Unwissenheit.
Wenn du den Ärger hochkommen spürst, solltest du die Empfindungen im Körper beobachten: Du nimmst möglicherweise ein Kribbeln oben am Kopf, an der Stirn oder am Hinterkopf wahr, oder auch eine gewisse Steifigkeit im Nacken oder in den Schultern. Es braucht Geschick, all diese Empfindungen in einem herausfordernden Moment zu beobachten. Hast du es dir jedoch zur Gewohnheit gemacht, solche Empfindungen zu beobachten, so kannst du den Ärger leicht besiegen. Auch das ist ein Grund, warum Meditation so wichtig ist. Meditation ist der einzige Weg, um Ärger zu bezwingen.

 

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