Du wirst das, was du brauchst, bekommen!

25 Jul 2014 Bad Antogast, Deutschland


Lieber Gurudev, was ist der Schlüssel, um sich eine gute Freundschaft zu erhalten?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar:

Nichts von den Freunden zu verlangen und ihnen zu sagen, dass du da bist, um sie zu unterstützen. An etwas solltest du glauben: Du wirst das, was du brauchst, bekommen. Der Gebende ist jemand anderes, verlange also nicht nach Liebe. Wenn du Liebe verlangst, zerstörst du die Liebe. Du solltest also weder Liebe noch Aufmerksamkeit von anderen Menschen erwarten.
Wenn du nur da bist, um Liebe und Aufmerksamkeit zu geben, wird sich jedermann wohl mit dir fühlen. Wenn du jedoch etwas erwartest, versetzt du Menschen in eine sehr unangenehme Position. Verstehst du, was ich meine? Du kannst das nicht jedermann in der Welt draußen erzählen, aber intelligente Menschen können ihren Weg machen, wenn sie das verstehen.

Sage deinen Freunden: "Ich bin für dich da! Ich  möchte nichts anderes als Freundschaft von dir!" Das wird dazu führen, dass die Freundschaft lange anhält. Glaubst du, deine Freunde werden dich nicht unterstützen, wenn du eine Freundschaft mit dieser Haltung eingehst? Sie werden dir helfen, wenn du Hilfe benötigst. Nicht einer, sondern zehn Freunde werden dir helfen!

Wenn du etwas Gutes für deine Freunde tust, solltest du das nicht dauernd erwähnen. Erinnere sie nicht daran. Wie fühlst du dich, wenn dir jemand Hilfe angeboten hat und dann dauernd darüber spricht? Du fühlst dich angewidert, nicht wahr? Du möchtest dich am liebsten von solchen Freunden entfernen. Niemand möchte jemandem etwas schuldig bleiben. Also solltest du es vermeiden, sie sich so fühlen zu lassen.

Sorge auch dafür, dass die Leute sich nicht klein fühlen. Wenn du jemandem viel Gutes getan hast, solltest du sie um etwas bitten, um eine kleine Gefälligkeit, sodass ihr Selbstrespekt erhalten bleibt.
Es gibt Menschen, die sich sehr für Wohltätigkeit engagieren, den anderen aber den Selbstrespekt nehmen. Das ist nicht gut.

Ein Mann sagte einmal zu mir: "Ich habe noch niemals einen Cent von jemandem genommen, ich habe all meinen Brüdern und Freunden nur immer gegeben. Obwohl ich so viel getan habe, möchte niemand mit mir zusammen sein, mich treffen oder mit mir sprechen. Das ist merkwürdig, denn ich wollte nie etwas von anderen haben!"

Ich fragte ihn: "Hast du die Leute auch irgendeinmal gebeten, etwas für dich zu tun?"
Er antwortete: "Nein, niemals, ich habe ihnen immer versichert, dass ich von niemandem etwas will!"
Was ist geschehen? Er hat den Selbstrespekt der Leute herabgesetzt. Wenn der Selbstrespekt durch jemanden gefährdet ist, will niemand mit dieser Person zusammen sein.

Freundschaft hat zwei Seiten. Das mag sehr verwirrend für dich erscheinen. Auf der einen Seite solltest du nichts von deinen Freunden verlangen, auf der anderen Seite solltest du sie um etwas bitten, um ihren Selbstrespekt zu erhalten. Das braucht Feingefühl, denn es sind zwei entgegengesetzte Positionen. In erster Linie solltest du den Selbstrespekt der anderen Person aufrechterhalten, und in zweiter Linie nichts von ihr verlangen.

Behalte folgende zwei Dinge in deinem Geist:

1. Festigkeit mit Bescheidenheit: Es ist unnötig, deinem Ego Geltung zu verschaffen, indem du sagst, von niemandem jemals etwas genommen oder gewollt zu haben. Das mag zwar wahr sein, aber du solltest dich nicht so zeigen. Verstehst du, was ich meine? An erster Stelle solltest du also für Festigkeit mit Bescheidenheit sorgen. Zu sagen, du seist sehr bescheiden, hat nichts mit Bescheidenheit zu tun. Bescheidenheit muss mit Festigkeit einhergehen.

2. Würde mit Herzlichkeit: Viele ehrwürdige Menschen sind äußerst distanziert und unnahbar. Sie sind nicht warm und herzlich. Und manchen Menschen, die warm und herzlich sind, fehlt es an Würde. Sie wirken weichlich und unsicher. Der Mittelweg - Herzlichkeit mit Würde - ist das Geheimnis einer guten Freundschaft.

Wann immer eine Person unglücklich ist, solltest du sie aufrichten. Ein wahrer Freund bewirkt, dass du dich leichter fühlst, nachdem du ihm ein Problem erzählt hast. Ein solcher Freund ist eine gute Gesellschaft für dich. Umgekehrt handelt es sich um keinen guten Freund, wenn dir das Problem größer denn je erscheint, nachdem du es ihm mitgeteilt hast.

Was kann ich tun, um nicht mehr fordernd zu sein? Es kommt und geht. Woher kommt diese Tendenz?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar:

Wundere dich einfach darüber. Wenn du Aufmerksamkeit erhältst, gibt dir das eine gewisse Energie, und du fühlst dich angehoben. Wenn du im Inneren zentriert bist, dann spielt es keine Rolle, ob die Leute dir Aufmerksamkeit schenken oder nicht, es macht dir nichts aus.
Normalerweise ist es aber schon so, dass die Aufmerksamkeit anderer Menschen dich ein wenig besser fühlen lässt. Das ist auch der Grund, warum Menschen so viele Dinge tun, um die Aufmerksamkeit anderer auf sich zu lenken.
Kümmere dich nicht darum, woher diese Tendenzen kommen. Wenn sie auftauchen, und du sie beobachtet hast, lass einfach los und geh weiter.

Was ist Vertrauen?
Sri Sri Ravi Shankar:

Das, was jedem Zweifel standhält, ist Vertrauen. Dein Zweifel betrifft immer etwas Positives. Du zweifelst an der Ehrlichkeit einer Person, niemals an ihrer Unehrlichkeit. Du zweifelst an der Liebe einer Person, nicht aber an ihrem Hass. Du zweifelst an deiner Zufriedenheit, nicht aber an deiner Depression. Das ist die Natur des Zweifels. Und Vertrauen ist das, was noch nicht einmal durch Zweifel überschattet werden kann.

Seit ich in Art of Living bin versuche ich, meine Aggressionen zu überwinden. Ich mache alle Übungen, habe aber dennoch manchmal heftige Aggressionen. Kannst du mir sagen, was ich tun soll?
Sri Sri Ravi Shankar:

Wenn ein Stoff sehr sauber ist, sieht man den kleinsten Flecken darauf. So ist es auch mit dem Geist: Ist er sehr ruhig, so kann auch etwas relativ Unbedeutendes überwältigend sein. Das ist normal. Bei einem sehr schmutzigen Stoff macht ein wenig Staub keinen großen Unterschied mehr. Je sauberer der Stoff ist, desto deutlicher wird man einen Fleck erkennen können.
Wenn du dich von Aggressionen befreit hast, erscheinen manchmal alte Eindrücke, die du dir anschauen solltest, was zu einer Veränderung führt. Früher hielt es lange an, wenn du aggressiv warst. Heute wirst du zwar auch noch aggressiv, aber du wirst dir dessen sofort bewusst und lässt die Aggressionen hinter dir, nicht wahr?
Es ist eine Phase, und Meditation wird dir dabei helfen, diese Phase zu überwinden. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.

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