Es gibt überall nur einen Gott

5 Jan 2012 Turkey

F.: Guruji, glaubst du, dass es richtig ist, Gefängnisse zu haben?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar:
Ich betrachte Gefängnisse als Krankenhäuser. Wenn jemand körperlich krank ist, bringt man ihn ins Krankenhaus. Wenn die Handlungen einer Person krankhaft sind, geht sie ins Gefängnis, um sich zu bessern und dann wieder zurückzukommen. Unglücklicherweise sind Gefängnisse zu einem Büro geworden, wo kriminelle Ideen ausgetauscht werden können. Menschen werden dort eingewiesen, nur um als noch größere Straftäter wieder herauszukommen, weil sie im Gefängnis Verbrechen erst verstehen lernen. Ursprünglich beabsichtigte man einer Person tiefe Ruhe zu ermöglichen, indem man sie in ein Zimmer brachte. Wenn jemand dauernd aktiv ist und arbeitet, wird er stark gestresst. In diesem Zustand ist es normal, Fehler zu begehen.
Was ist ein Verbrechen? Eine Fehlhandlung. Um es wieder in Ordnung zu bringen, werden die Menschen in eine Besserungsanstalt (correctional home) geschickt. In Amerika werden diese Orte nicht mehr als Gefängnis, sondern als Besserungsanstalt bezeichnet. Man sollte dorthin gehen, um zu meditieren, hohl und leer zu werden und glücklich wieder zurückzukommen.
Das geschieht jedoch nicht. Also müssen wir es übernehmen, die Insassen aller Gefängnisse in Meditation zu unterrichten. Du sehen, dass dann bessere Menschen von dort herauskommen werden. Es geschieht übrigens bereits. Viele Art of Living Gefängniskurse finden überall statt. Jeder, der daran mitarbeiten möchte, ist herzlich willkommen!

F.: Wann darf ein Haushaltsvorstand seine Frau verlassen, um mit Sanyas zu beginnen?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar:
Nur mit ihrer Erlaubnis! Wenn deine Frau sagt: „Du kannst gehen, tue, was immer du tun willst!“, dann kannst du das tun. Wenn du jedoch eine Verantwortung trägst, solltest du sie besser wahrnehmen, nicht wahr?

F.: Bist du jemals einfach aus Spaß in einem Kasino gewesen?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar:
Ich glaube, ich erschaffe jeden Abend eines, wo jedermann singt, tanzt und glücklich ist. Nein, ich war nie in einem Kasino, wo Menschen um Geld spielen.

F.: Warum erlaubst du das Singen während des Schweigens?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar:
Singen bringt merkwürdigerweise eine bestimmte Stille in den Geist. Es gibt Kurse, bei denen wir nicht singen und tiefer in die Stille eintauchen. Das ist ein fortgeschrittenes Stadium. Hier ist der Anfang, bei dem du nur während drei oder vier Tagen in die Stille gehst. Es ist gut, am Abend ein wenig Musik zu haben, denn das beruhigt den Organismus. Außerdem wird die Aktivität der rechten Gehirnhälfte durch Musik stimuliert. Wir brauchen beides, intellektuelle Gespräche, Verstehen und Musik, damit die beiden Gehirnhälften – die rechte und die linke – ins Gleichgewicht gebracht werden können.

F.: Danke für diese Erfahrung des gegenwärtigen Augenblicks und das Fühlen des Raumes. Ich hätte nie gedacht, dass es mich so begeistern könnte, immer tiefer in diese Dinge einzutauchen. Ich möchte jeden Tag hohl und leer sein.
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar:
Das bist du! Ich weiß, dass ihr das alle genießt. Es ist so schön, nicht wahr? Auch der blessings Kurs ist wunderbar.
Nun, auch wenn ihr das festgestellt habt und all diese Dinge tut, möchte ich, dass ihr trotzdem ganz normal bleibt. Es gibt einen Verhaltenskodex für die Erleuchtung. Wisst ihr, was für einer das ist? Sei einfach, normal. Denke nicht, du seist ein besonderer Mensch.
Es gibt einen schönen Vers in Indien, der uns sagt, wie das Leben sein sollte, nämlich wie das Gras unter dem Berg.Wenn Felsbrocken den Berg hinunterstürzen, fallen die Bäume, dem Gras jedoch geschieht nichts. Sei so bescheiden wie das Gras am Fuß des Berges. Wasser kann den Berg hinunterfließen, es strömt vorbei und kann Bäume niederreißen. Das Gras kann niemals hinweggefegt werden, es bleibt. Sei wie das Gras unten am Berg. Sei wie der Blumentopf vor dem Haus. Die Blumentöpfe vor dem Haus bringen Wohlgeruch ins Haus.
Sie hindern auch jeden üblen Geruch aus dem Haus daran, auf die Straße zu gelangen.
Sei wie die Blume vor dem Haus, sodass jeder, der vorbeikommt, sie betrachten und glücklich werden kann. Sie bringt nicht nur den Hausbewohnern, sondern auch jedem Passanten Freude, der sagen wird: „Schau dir diese Blumen an, es ist so schön!“
Ist es nicht das, was du sagst, wenn du vorbeifährst und einen schönen Garten mit vielen Blumen vor einem Haus siehst? Besonders wenn Menschen aus Asien im Frühling oder im Sommer nach Deutschland kommen, lieben sie es, dass jedes Haus Töpfe mit Blumen vor dem Fenster stehen oder hängen hat.
Besonders im Gebiet des Schwarzwalds gibt es Blumen in jedem Haus und auf der Straße. Das ist eine Feier für die Augen!

Und sei so, wie Süßigkeiten für arme Menschen sind. Arme Menschen essen nicht täglich Süßes. Die Ärmsten der Armen bekommen höchstens einen Laib Brot und ein Glas Milch oder sonst etwas. Wenn sie jedoch einen Kuchen oder Süßigkeiten erhalten, genießen sie es sehr, vor allem die Kinder. So solltest du für die Kinder und für die armen Menschen sein. Werde eins mit allen Menschen. Sei wie ein Dummkopf unter Dummköpfen. Versuche nicht, intelligent zu sein. Mische dich unter alle! Manchmal stellen die Menschen meinem Namen 3 oder 108 Sris voran. Dann sage ich: „Ich möchte mich den Menschen nahe fühlen. Benutzt Sri also nicht dreimal, zweimal sind genug. Lasst es bei zwei Sris bewenden.” Wenn du jemanden so betrachtest, als sei er allzu hoch oben, beginnst du, die vertrauliche Verbindung, das innere Gefühl und das Einssein mit ihm zu verlieren. Dann empfindest du zwar Respekt, aber keine Liebe, denn Liebe bedeutet Nähe, und Respekt braucht ein wenig Distanz. Die Schönheit im Leben besteht darin, mit diesen beiden Dingen umgehen zu können.
Weißt du, warum Mann und Frau streiten? Nach einer Weile verlieren sie den Respekt füreinander, was zum Streit führt. Wenn sie es schaffen, sowohl den Respekt als auch die Liebe aufrechtzuerhalten, wird diese Beziehung für immer weiterbestehen. Um in der Welt leben zu können, müssen wir uns mit jedem Menschen eins, mit jedem Menschen heimisch fühlen. Denke nicht: „Oh, ich meditiere, ich bin etwas Besonderes!” Jemand, der nicht meditiert, ist ebenfalls etwas Besonderes. Wir sind alle eins. Wir sollten damit beginnen, diese Einheit zu fühlen.
Wenn du beginnst, das zu fühlen, wirst du sehen, wie es auch auf andere übergeht. Du kannst die Atmosphäre verändern.

F.: Im Islam heißt es, es gebe nur einen Gott. Was denkst du darüber?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar:
Natürlich, alle sagen, es gebe nur einen Gott. Das Judentum sagt, es gebe nur einen Gott. Das Christentum sagt, es gebe nur einen Gott. Nicht wahr? Der Hinduismus sagt, es gebe nur einen Gott: Ekam Sat Vipra: Es gibt nur einen Gott, der sich in vielen Formen manifestiert. Du kannst ihn in jeder Gestalt, die du dir wünschst, anbeten. Es gibt nur ein Licht, aber sieben Farben. Oder wie der Islam es ausdrückt: Es gibt nur einen Gott, aber neunundneunzig Namen.
Der Hinduismus sagt, es gebe hundertundacht Namen und auch hundertundacht Formen, denn alle Formen gehören nur einem Gott. Derselbe Gott ist in jeder Form gegenwärtig. Warum? Weil Gott Raum ist, er ist keine Person, er ist kein Objekt, er ist Energie.
Woraus besteht diese Energie? Jesus sagte: Aus Liebe. Liebe ist Gott.
Und so steht es auch in den Upanishaden, in den alten vedischen Schriften: Gott ist Liebe; Gott ist Energie, er ist in dir als du, er ist in jedermann gegenwärtig. Irgendwo scheint er mehr durch, irgendwo weniger.
In Spanien scheint die Sonne stärker, in Berlin etwas weniger. Und so ist Gott an manchen Orten stärker als Liebe sichtbar, an anderen Orten ist er stärker als etwas anderes sichtbar. Gott ist also Energie, und das ist es, woraus wir alle bestehen, woraus jedermann besteht. Verstehst du, was ich sage?
Es gibt überall nur einen Gott.
Das, was der Islam aussagt, ist also korrekt: Es gibt nur einen Gott.
Die Schwierigkeiten beginnen dann, wenn jemand sagt: „Mein Gott ist der einzige Gott. Dein Gott ist ein falscher Gott.” Das ist das Problem.
„Nur wenn du an mein Buch glaubst, wirst du in den Himmel kommen. Ansonsten wirst du in die Hölle gehen.“
Das ist der Grund, warum diese Welt unter Terrorismus leiden muss: Manche Menschen denken, nur sie besäßen den Schlüssel zum Himmel, die anderen jedoch nicht. Das ist nicht korrekt.
Buddhisten gehen auch in den Himmel. Es gibt auf der Welt 1.2 Milliarden Buddhisten. Was denkst du? Würde Gott sie alle benachteiligen? Kommen sie nicht in den Himmel? Das ist Unsinn!
Es gibt auch 1.2 Milliarden Hindus. Denkst du, sie alle werden in der Hölle leiden? Nein!
Ich denke, diese Fanatiker haben die heiligen Schriften fehlinterpretiert, ob es nun um den Koran geht oder um die Bibel.
Schau, es gab nur einen Jesus. Aber heutzutage gibt es zweiundsiebzig Versionen der Bibel, und jeder geht davon aus, dass die eigene Fassung die richtige sei. Tatsächlich wurde die Bibel siebzig Jahre nach Christus geschrieben. Diejenigen, welche die Bibel geschrieben haben, haben Jesus niemals gesehen.
Wir können jetzt eine Übung machen. Du flüsterst der Person neben dir ein Wort zu. Das Wort soll nun weitergegeben werden bis zu einer anderen Person in jener Ecke. Während das Wort oder der Satz zu der Person in der Ecke weitergetragen wird, wird es/er sich völlig verändern. Die ganze Sache wird verzerrt. So geschah es auch mit der Bibel.
Jesus sagte: „Wir alle sind Kinder des einzigen Vaters.” Dieser Satz wurde verdreht und hieß nun: „Jesus war der einzige Sohn des Vaters.” Wäre er der einzige Sohn gewesen, hätte er „mein Vater” gesagt. Er sagte jedoch nie „mein Vater”, sondern immer „unser Vater.” Das bedeutet, dass wir alle seine Kinder sind, und das ist es auch, was Jesus ausgesprochen hat.
Als die Kirche sich später verbreiten und größer werden wollte, wurden die Worte auch stellenweise zu ihrem eigenen Vorteil verändert.

Tatsächlich lebte Jesus während zwölf Jahre in Indien und lernte dort die vedischen Schriften. Dann, als er von Indien zurückkehrte, musste er die Menschen vom Wissen überzeugen, dass Gott Liebe sei und nicht jemand, der dich immerzu bestrafe. Es war sehr schwierig für ihn, die Menschen von der Meditation und von all diesen Dingen zu überzeugen. Du darfst nicht vergessen, dass er unter Fischern lebte, also unter Menschen, die keine hohen Intellektuellen waren, und die nicht viel Wissen studiert hatten.  Als er sagte, Gott befinde sich im Inneren, das Königreich Gottes befinde sich in deinem Inneren, fragten sie ihn, auf welcher Seite Gottes er sitzen würde, auf der rechten oder auf der linken Seite. Im Inneren gibt es weder eine rechte noch eine linke Seite.
In jenen Tagen musste er sie also mit Hilfe von Gleichnissen unterrichten. Der zweifelnde Thomas war etwas intelligenter. Intelligente Menschen zweifeln, unschuldige Menschen zweifeln nicht so sehr. Als Thomas zu zweifeln begann, sagte Jesus zu ihm: „Gehe nach Indien und lerne und schaue dich dort um, wo auch ich gelernt habe.“
So ging Thomas nach Jesus´ Kreuzigung nach Indien. Bevor das Christentum nach Europa kam, ging der Apostel Thomas nach Indien und verbrachte Zeit in Mylapore, Südindien, wo er auch starb. Sein Grab befindet sich auch heute noch dort.

Wenn jemand zweifelt, rätst du ihm, sich selbst davon zu überzeugen, nicht wahr? Deshalb wurde Thomas als einziger Apostel nach Indien geschickt, weil Jesus dort gelernt hatte. Er führte ihn zu seiner eigenen Quelle.
Nun noch was die Reinkarnation betrifft: Jesus hat nicht über Reinkarnation gesprochen. Das Christentum besagt, dass es keine Reinkarnation, sondern nur ein Leben gebe. Heutzutage jedoch haben alle Psychologen auf der ganzen Welt die Reinkarnation akzeptiert. In den meisten Kliniken überall auf der Welt werden Rückführungen als Therapie angeboten.
Es wurde zweifellos bewiesen, dass Reinkarnation existiert. Es gibt eine ganze Anzahl Experimente, die über Parapsychologie und den Geist durchgeführt wurden. In der Tradition des Hinduismus, Buddhismus, Jainismus, Taoismus und überall im Osten war diese Tatsache ohnehin bekannt und anerkannt.
Das Wissen, dass die Erde kugelförmig ist, war im Osten schon lange vor Galileo bekannt. Im Sanskrit wird das Studium über die Sphäre, die sich Erde nennt, Bhugola genannt. Khagola ist das Studium der Sphäre des Universums, denn jedes Objekt im Universum ist sphärisch. Gola bedeutet Sphäre oder sphärisch. Dieses Verständnis war vorhanden. Aber hier stellte sich die Kirche Galileo entgegen, das wisst ihr alle. Das geschah nur deshalb, weil der Sachverhalt in der Bibel – im Buch – nicht erwähnt, oder auch weil interpretiert, übersetzt und wieder neu interpretiert wurde, sodass ein Teil des Wissens dadurch möglicherweise verlorenging. Dasselbe gilt für die Reinkarnation: Wenn in der Bibel nicht darüber geschrieben wurde, heißt das nicht, dass sie nicht existiert.
Flugzeuge werden in keiner der Schriften erwähnt, aber Flugzeuge existieren heute. Deshalb sage ich, dass wir über nichts allzu fanatisch sein sollten. Wir schauen darüber hinaus und nehmen das an, was für uns wahr ist und für uns zutrifft. Was immer wir hier besprechen, wenn es bei dir keinen Anklang findet, dann musst du es nicht akzeptieren, lasse es einfach los. Übernimm nur das, was sich für dich richtig anfühlt. Du musst dein Herz dazu befragen.
Und ich sage niemals etwas, von dem ich glaube, dass es nicht richtig ist, es auszusprechen. Wir müssen also ehrlich zu uns selbst sein. Die Essenz aller Schriften der Welt ist: Einfachheit, Liebe, Ehrlichkeit, und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit mit allen Dingen und allen Menschen. Bewirke keine Abtrennung, indem du sagst: Ich folge dieser Religion oder jener Religion. Nein!
Du hast kein Problem damit, dänisches Gebäck oder chinesisch zu essen. Du wirst nicht zu einem Chinesen werden, nur weil du chinesisches Essen gegessen hast. Du wirst nicht deshalb beginnen, morgen die chinesische Sprache zu sprechen. Du isst chinesisches Essen und genießt es. Auf die gleiche Weise sollten wir auch das Wissen akzeptieren. Alles Gute, alles, was das menschliche Leben anhebt, sollte willkommen geheißen werden, ob es nun aus dem Hinduismus, Buddhismus, Taoismus, Shintoismus, Islam, Christentum oder Judentum stammt. Denkst du nicht auch so? Denke nicht, Jesus werde böse sein, oder du habest Jesus betrogen, wenn du Buddhas Schriften oder etwas aus dem Hinduismus liest. Ganz und gar nicht!
Wenn das der Fall wäre, hätte Jesus Thomas nicht nach Indien geschickt. Diese engstirnige Zerteilung haben Menschen aus Unwissenheit erschaffen, aus Angst oder aus dem Bedürfnis heraus, die Kontrolle zu behalten.
Es gibt also drei Gründe dafür: Kontrollbedürfnis, Angst und vor allem Unwissenheit.
Wir müssen in den Menschen dieses weite Bewusstsein wecken, vor allem im Mittleren Osten. Das ist so notwendig. Ich sehe täglich, dass es so viele hitzige Auseinandersetzungen, Kämpfe und Tötungen gibt und so viel unmenschliches Verhalten. Wie soll man mit dieser Art von Menschen umgehen?
Aus diesem Grund sprechen wir nicht über irgendeine Religion, wir kommen einfach und atmen. Wenn die Menschen atmen, erkennen sie, dass sie in der Lage sind, sich innerlich sehr gut fühlen zu fühlen.
Und wenn du hohl und leer wirst, fühlst du dich gut.
Wir haben das an so vielen Orten – auch in all den Konfliktzonen – bei den Menschen eingeführt und sollten es weiterhin tun. Es ist eine große und schwierige Aufgabe, aber wir sollten damit weiterfahren. Was denkt ihr darüber, ist es nicht so?

F.: Wenn wir unbedeutend sind, wenn wir nichts sind, was spielt es da für eine Rolle, was wir tun?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar: Es spielt eine Rolle.
Wenn du unbedeutend bist, wenn du nichts tust, dann ist Glückseligkeit vorhanden. Im Augenblick jedoch, wo du etwas tust, wird es Folgen für dich haben.
Wenn du zu viel isst, musst du vielleicht einen Arzt rufen, da du Verdauungsstörungen bekommst. Wenn du über das Rotlicht fährst, wirst du eine Buße bekommen, auch wenn du sagst: „Es spielt keine Rolle, ich bin hohl und leer, lass mich weiterfahren. Rotes Licht, grünes Licht, das ist doch egal, es ist ohnehin alles Licht.”
Du fährst weiter und wirst ohne jeden Zweifel eine Buße bekommen. Und wenn du das öfters tust, wirst du deinen Führerschein verlieren.
Wir müssen uns bewusst sein, dass wir in zwei Realitäten leben.
Die eine Ebene ist die der Quantenphysik, bei der alles Eins ist. Schau, die Wandplatten sind aus Holz, das Dach ist aus Holz, der Stuhl ist aus Holz, das Sofa ist aus Holz und der Boden ist aus Holz. Du kannst aber das Sofa nicht als Tür, und die Tür nicht als Sofa benutzen. Ich kann nicht hingehen und mich auf die Tür setzen.
Wenn du jedoch den Zimmermann fragst, wird er alles als Holz bezeichnen.
In Indien wird das oft am Beispiel des Goldes erklärt. Ein Goldschmied sieht die Dinge nicht als kleinen Ring, großen Ring, Kette oder Armband. Der Goldschmied denkt in Gewichten: „Oh, das sind fünfzig Gramm Gold!” Wenn du das Gold jedoch trägst, kannst du deine Ohrringe nicht an der Hand oder deinen Fingerring um den Hals tragen. Da gibt es einen Unterschied.
Ähnlich ist es auch bei der Chemie: In der klassischen Chemie gibt es das dynamische Periodensystem, bei dem jedes Atom verschieden ist, jedes Molekül verschieden ist. Das ist die eine Ebene. Die andere Ebene ist die, bei der alles nur Wellenfunktion ist. Das ist die Quantenphysik. Es gibt also die Quantenphysik, die wahr ist, und die Welt der Unterschiede, die ebenfalls wahr ist. Das Leben ist die Kunst, diese beiden in ein Gleichgewicht zu bringen und sich vorwärts zu bewegen.

F.: Bitte erkläre uns die Beziehung zwischen Guru und Schüler.
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar: Entspanne dich einfach. Fühle dich zu Hause. Einem Lehrer gegenüber solltest du dich so verhalten, wie du es bei einem Arzt oder vor dem Spiegel tust. Wenn du vor dem Spiegel stehst, wirst du selbst reflektiert, nicht wahr? Wenn es um den Lehrer geht, sind folgende Dinge am meisten erwünscht: Dass du offen, natürlich und bereit für den nächsten Schritt bist.

F.: Sind erleuchtete und nicht erleuchtete Wesen von derselben Natur? Woran kann man feststellen, dass jemand erleuchtet ist? Wonach müssen wir suchen, wenn überhaupt?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar: Es gibt keine Kriterien. Es ist das Schwierigste überhaupt, es festzustellen. Du kannst es nicht mit dem Kopf beurteilen. Etwas in deinem Herzen wird es dir sagen.
Ich war einmal in Schweden, und eine Anzahl Journalisten war anwesend. Sie stellten viele Fragen, und ich antwortete einfach. Wir hatten eine Menge Spaß, und alle lachten. Dann fragte eine Person: „Nun, es ist doch kein Witz, sage mir, bist du erleuchtet?” Er stellte sich ganz vorne vor mich auf. „Ich will eine Antwort. Weiche nicht aus, bist du erleuchtet?”
Ich sah ihn nur an. Ich sagte nichts.
Zum dritten Mal fragte er: „Kannst du mich hören? Ich stelle dir eine klare Frage: Bist du erleuchtet?”
Ich sagte nein.
Er gab nicht auf. Wenn du nein antwortest, sollte das eigentlich reichen. Wenn du ja sagst, stehst du vor dem Problem, es beweisen zu müssen!
Er jedoch sagte: „Nein, du sagst mir nicht die Wahrheit! Du willst mich veralbern.” Ich antwortete: „Schau, ich habe nein gesagt, und du solltest diese Antwort akzeptieren. Wenn dein Herz jedoch etwas anderes sagt, solltest du auf dein Herz hören.“

Wenn du einen schlafenden Mann fragst, ob er schlafe, bedeutet es nein, wenn er die Frage bejaht. Wenn er nicht antwortet, solltest du es dabei bewenden lassen. Du kannst ihn nicht aufwecken und fragen: „Schläfst du?“ Manchmal bedeutet „ja“ „nein“ und „nein“ bedeutet „ja“. Du kannst nicht einfach so über Erleuchtung urteilen.

Ich sagte: „Wenn du dich selbst kennst, kannst du auch mich besser kennen.“
Weil die Person nicht ruhig sein wollte, fuhr sie fort: „Nein, du erzählst nicht die Wahrheit.”
Ich fragte: „Wie kommst du darauf, so etwas zu sagen? Dein Herz sagt es dir.”
Nur die Augen können sehen, deine Ohren können es nicht. Und so ist auch nur dein Herz in der Lage, zu erkennen.
Als Jesus gefragt wurde, ob er Gottes Sohn sei, sagte er nichts. Er musste still sein, denn es wäre sinnlos gewesen, den Leuten zu erzählen, er sei Gottes Sohn, genauso, wie auch sie selbst. Sie hätten es nicht verstanden, also verhielt er sich ruhig. Er konnte aber auch nicht sagen, er sei nicht Gottes Sohn, denn all seine Gebete bezogen sich auf den himmlischen Vater.
Seine Gebete begannen alle mit: „Unser Vater im Himmel” und nicht mit „mein Vater”. „Unser Vater im Himmel“ steht im Plural. Jesus begründetet diese Beziehung, diese Nähe mit der Göttlichkeit, die genau so war, wie die Nähe, die du zu deiner Mutter, deinem Vater oder deinem Freund empfindest. Nur eine solche Nähe kann Liebe bewirken. Und das ist es, was er in jenen Tagen zu erschaffen versuchte.
Dasselbe geschah bei Buddha. Jemand, der Buddha sehr nahe stand, dachte, er sei nicht erleuchtet, und versuchte, einen Felsbrocken auf seinen Kopf zu werfen, als er da saß und meditierte.
Einer seiner eigenen Schüler und Verwandten ging mit ein paar Leuten hin, und sie stießen einen großen Felsbrocken, einen großen Stein, von hinten auf ihn. Er fiel nur wenige Zoll, wenige  Millimeter vor ihm zu Boden. Hätte er ihn getroffen, wäre es aus gewesen.
Als andere Schüler um ihn herum sehr wütend wurden, meinte Buddha: „Nein, es war Karma, seid nicht wütend, sondern mitfühlend.”
Die Essenz aller Lehren ist Liebe, Mitgefühl und Selbsterkenntnis.
Einmal war ich in Washington D.C. an einem Satsang, an dem drei- oder vierhundert Menschen teilnahmen. Ein Mann kam aus dem Hintergrund, ein sehr großer, kräftiger Mann. Er sagte: „Ich verfluche dich im Namen Jesu, du bist Satan, und dieses ganze Yoga ist satanisch.“
Er wollte mich angreifen. Alle waren erstarrt, denn es war wie ein Schock. Niemand hatte es für möglich gehalten, dass so etwas geschehen könnte. Er stellte sich vor mich hin, und ich schaute ihm nur in die Augen und sagte: „Warte!“ Er fiel nieder und blieb dort sitzen. Einige Minuten später liefen ihm Tränen aus den Augen. Er war ein Mann voller Ärger und Hass. Allein dadurch, dass er in die Nähe kam, war die ganze Wut verschwunden. Er begann zu schluchzen und zu weinen.

Liebe hat die Kraft, Menschen zu transformieren.
Ich habe so viele Menschen gesehen, die in ihrem Leben transformiert wurden. Du kannst das bewirken, wenn du gegen niemanden Hass empfindest. Du bist nicht wütend und hast auch keine Angst. Du kannst eine Veränderung der Atmosphäre um dich herum herbeiführen.

Die gleiche Person hat später am Kurs teilgenommen und ist auch Kursleiter geworden!
Warum sage ich das alles? Der Punkt ist, dass es in jedem Täter auch einen netten Menschen gibt, einen guten Menschen. Ein menschliches Wesen, das sich verbirgt. Wir müssen diese Menschlichkeit an die Oberfläche bringen.
Aus meiner Sicht gibt es keinen einzigen schlechten Menschen auf diesem Planeten. Es gibt höchstens fehlgeleitete, unwissende oder verletzte und leidende Menschen. Und man wird auf leidende Menschen niemals wütend werden. Wie könntest du auf jemanden ärgerlich werden, der leidet? Sage es mir, ist es nicht wahr? Diese Menschen leiden innerlich, und wir müssen ihnen entgegenkommen, wir müssen helfen. Das ist es, was wir tun müssen.

F.: Ist es wahr, dass wir Menschen in einem vergangenen Leben bereits getroffen haben, wenn wir bei der ersten Begegnung mit ihnen eine spirituelle Verbindung spüren?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar:
Das ist möglich. Da gibt es aber noch etwas: In einer solchen Energie – wenn wir alle meditieren – kann es geschehen, dass du dich plötzlich von dieser oder jener Person angezogen fühlst. Lass dich jedoch nicht davon beirren. Diese Art von Anziehung ensteht vielleicht, weil du dich in einem anderen Raum befindest, und die Person sich in einem anderen Raum befindet.
Benutze nachher deinen Intellekt und deinen gesunden Menschenverstand. Aus diesem Grund sage ich während der Kurse: „Verliebe dich nicht, sondern lasse dich nur durch die Liebe anheben!“ Verstrickt euch nicht miteinander, sondern bewegt euch aufwärts. Dann ist es in Ordnung, wenn ihr euch miteinander befasst, euch verliebt oder euch durch die Liebe anheben lasst.

F.: Manche Leute sagen, Außerirdische würden auf der Erde leben, von denen manche negative, andere positive Absichten hätten. Ist das wahr?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar:
In der Vorstellung ist alles möglich. Im Kino ist alles möglich.
Im Jahre 2012 wird alles im Wasser untergehen. Du wirst dich an irgendeinem Satelliten festhalten und mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten auf einen anderen Planeten gehen!

F.: Was kann ich von jetzt an für dich tun?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar: Lächle wieterhin. Lebe das Wissen und verbreite Fröhlichkeit. Ich möchte, dass immer mehr unter euch Fröhlichkeit verbreiten. Wenn du in kleinen Gruppen bei dir zu Hause beginnen kannst, und einen der Art of Living Kursleiter einlädst, um Meditationen zu leiten, ist das sehr gut.
Du kannst eine Meditationsparty für die Leute veranstalten und die Leute willkommen heißen. Das wäre wunderbar. Du kannst auch selbst Kursleiter werden. Oder du kannst bei einem der Sevaprojekte mitarbeiten. Sei ein Teil des Euro-a-Day-Projektes. Das kann helfen.
Wir unterstützen heute dreißigtausend Kinder mit dem Euro-a-Day-Projekt. Diese Kinder, die sonst in Arbeitslagern gewesen wären, die hätten arbeiten müssen, bekommen jetzt eine gute, kostenfreie Ausbildung und kostenfreies Essen. Es ist ein sehr berührendes Projekt.
Diejenigen unter euch, die sich an Universitätsprojekten beteiligen wollen, sind herzlich willkommen, das zu tun. Die Regierung von Orissa hat unsere Universität genehmigt. Wir haben unsere Genehmigung gerade erst erhalten, sodass wir jetzt eine medizinische, ayurvedische Hochschule haben werden. Wir besitzen bereits eine, die viele andere Lehrfächer abdeckt wie Osteopathie, Ayurveda und Krankenpflege.
Wir werden den Jugendlichen aus aller Welt das Beste aus dem Osten und das Beste aus dem Westen vermitteln. Wenn irgendjemand von euch Professor ist und als Gastdozent kommen oder dort unterrichten möchte, ist er herzlich willkommen. Wenn jemand sich beim Fundraising für diese Sache beteiligen möchte, ist er ebenfalls sehr willkommen.
Wir planen auch etwas in Israel und Palästina. Wir werden dort etwas tun.
Was die meisten von euch hier in Deutschland betrifft, so möchte ich eine große Welle der Freude erschaffen. Wir wollen der Reihe nach in den Städten oder in kleinen Dörfern feiern und die Menschen zum Meditieren zusammenbringen. Werft das Prozac und die Antidepressiva weg, atmet und seid glücklich. Das wird sehr gut sein.
Wir alle können Gruppen von vier oder fünf Leuten bilden und an den Wochenenden in große oder kleine Städte und Dörfer reisen, Menschen erreichen und eine Welle der Freude bewirken. Ich möchte, dass der Verkauf von Prozac in Deutschland im Jahre 2012 zurückgeht. Ich habe gehört, dass dreißig Prozent der hiesigen Bevölkerung davon abhängig ist.
Vierzig Prozent der Schullehrer hier sind depressiv. Was werden die Lehrer den Kindern wohl vermitteln, wenn einer von zweieinhalb Lehrern depressiv ist? Wenn ein Lehrer depressiv ist, werden die Kinder depressiv sein. Das ist eine ernste Angelegenheit. Ich denke, alle Deutschen sollten etwas tun, damit wir eine Revolution erschaffen können, die eine Änderung in dieser Gesellschaft bewirken kann. Die Menschen sollen in dieser Gesellschaft glücklich sein können. Das kann nicht allein durch Geld, durch die Regierung oder durch die Gesetze erreicht werden. Dazu ist menschliche Berührung notwendig. Und ihr alle könnt diese menschliche Berührung gewährleisten.

F.: Bin ich bereit, die Gnade meines Gurus zu empfangen?
Gurudev Sri Sri Ravi Shankar:
Ja! Diejenigen, die dazu nicht bereit sind, werden gar nicht erst herkommen. Die Tatsache, dass du gekommen bist, bedeutet, dass du bereit bist.

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